Geschichte der Kirche(n)

Als Vorgängerkirche ist eine Saalkirche des 12. Jahrhunderts mit eingezogenem Rechteckchor nachgewiesen. In deren Fundamentmauerwerk fanden sich Ziegelbrocken einer römischen Trümmerstätte.

Die heutige zweischiffige Stufenhalle aus Backstein ("alte Kirche") wurde laut einer verlorenen Bauinschrift 1452 errichtet. Die Halle ist etwas älter als der niedrigere Chor von einem Joch mit 5/8 Schluss. Bei einer Restaurierung wurde 1893 das westliche Treppentürmchen am Seitenschiff zugefügt. Die Fenstermaßwerke wurden erneuert.

Der dreigeschossige Turm mit einem Fensternischenportal und Gliederungen in romanischen Formen ist dem Hauptschiff vorgelagert. In das Hauptschiff wurden Netzgewölbe, ansonsten Kreuzrippengewölbe eingezogen. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt und von 1956 bis 1957 wiederhergestellt.

 

Ein nach Osten orientierter Erweiterungsbau wurde von 1977 bis 1980 an die Südseite der gotischen Kirche angebaut.

Die Ausstattung der "alten Kirche"

In der "alten Kirche" steht hinter dem Altar das Taufbecken, das von einer Heilig-Geist-Taube auf dem Deckel bekrönt wird. Der Schlussstein im Gewölbe, direkt über dem Taufbecken, erinnert an Zerstörung und Wiederaufbau der Kirche.

 

Im linken Seitenschiff befindet sich ein Reliquientabernakel. Darin wird ein Reliquiar des Heiligen Evermarus aufbewahrt. Die Pilgermuschel auf dem Reliquientabernakel und an einigen anderen Stellen der alten Kirche erinnert an seine Pilgerschaft.

 

Ebenfalls im Seitenschiff befindet sich eine Gedenkstätte für die Opfer des letzen Weltkrieges.

In der alten Evermarus-Kirche ist eine Darstellung der Jungfrau Maria aus dem 19. Jh. zu sehen, zu ihren Füßen der Mond. Sie tritt auf die Schlange, die an die Versuchung im Paradies erinnert.

 

Die vier lateinischen Kirchenväter zierten einst die Kanzel in der alten Evermarus-Kirche.
Augustinus, Papst Gregor der Große, Ambrosius von Mailand und Hieronymus. Die ersten drei sind heute als Bildtafeln in der Apsis zu sehen, während der Bibelübersetzer und Einsiedler Hieronymus sich an der Frontseite des Ambo der alten Kirche befindet.

Die Ausstattung der "neuen Kirche"

Die "neue Kirche" wird von einem barocken Hochaltar beherrscht. Auf dem Tabernakel thront ein Pelikan, der seine Jungen im Nest füttert und dabei sein eigenes Blut gibt. Demgegenüber steht der neue Zelebrationsaltar in der Achse versetzt. Die Kirchenfenster von Albert Bocklage aus den Jahren 1995/1996 sind überwiegend als freie Komposition gestaltet, die drei Fenster von Manfred Espeter (1980) zeigen St. Antonius (Abt), St. Lambertus und St. Jakobus d.Ä.

 

An der rechten Seite des Altares ist eine barocke Madonna aus Holz vom Anfang des 18. Jahrhunderts angebracht, deren Herkunft nicht geklärt ist.
Bewegung und Faltenwurf stellen eine Verbindung zwischen Mutter und Kind her; Kopfhaltung und Blickrichtung bilden jedoch einen auffallenden Kontrast dazu.

 

Von unbekannter Herkunft ist das an der Südseite auf einer Holztafel angebrachte Kruzifix, von barockem Schnitzwerk umgeben, dessen Spitze, einer Votivtafel ähnlich, die Heiligste Dreifaltigkeit krönt. In dem Rankenwerk sind die fünf Wundmale zu erkennen, auch wohl Weintrauben, Anklänge an das Kreuz als "Lebensbaum" und Christus als "Weinstock".
Vermutlich ist das Kreuz älter als die barocke Tafel und erst nachträglich darauf angebracht.

 

Links neben dem Hochaltar hängt wohl der wertvollste Kunstschatz der Borther Kirche, der sog. Borther Engel, eine Holzfigur, die einen Engel als "Schildknappen Christi" darstellt und um 1500 am Niederrhein entstanden sein dürfte.
Sie wird der Kalkarer Schule zugerechnet. Motivisch vergleichbare Figuren befinden sich in der St.-Gerebernus-Kapelle in Sonsbeck und im Xantener Dom.
Es ist anzunehmen, dass der Engel einmal zu einem Altar gehörte. Locken, Stirnband und Turnierhelm weisen in die Welt des Rittertums. Der Helm ist mit einem Tuch bedeckt, das eine Dornenkrone trägt - eine Anspielung an einen Kreuzfahrer? Die Verzerrung der Armhaltung konnte bislang nicht gedeutet werden.

Die Vorhalle der neuen Kirche

In der Vorhalle der neuen Kirche befinden sich die beiden Grundsteine der Kirche, darüber hinaus eine Pietá und eine Bronzefigur des Heiligen Evermarus. Das große Fenster über dem Eingang zeigt die Kathedrale von Santiago de Compostela.

Die Orgel

Im Dezember 2016 wurde die von der Orgelbaufirma Romanus Seifert in Kevelaer gebaute neue Orgel geweiht. Die Spieltraktur ist rein mechanisch ausgeführt, die Registertraktur elektrisch mit Setzeranlage.

Die Disposition:

Hauptwerk
Prinzipal 8‘
Bordun 8‘
Flöte 8‘
Octave 4‘
Salicional 4             
Quinte 3‘
Octave 2‘ (Auszug aus Mixtur)
Terz  1 3/5‘
Mixtur3-4f. 2‘
Tremulant

Schwellwerk
Viola d ́amour 8‘
Unda Maris 8‘
Rohrflöte 8‘
Flauto dolce 4‘
Piccolo 2‘
Trompete 8‘
Fagott-Oboe 8‘
Tremulant

Pedal
Subbass 16‘
Oktavbass 8‘
Gedacktbass 8‘ (Verlängerung Subbass)
Octave 4‘ (Verlängerung Oktavbass)
Posaune 16‘
Normalkoppeln mit Super- und Subkoppeln

Die Glocken

St. Evermarus hat vier Glocken:

e', 135 cm Stahl, 1953

fis', 118 cm Stahl, 1953

a', 98 cm Stahl, 1953

h', 84 cm Bronze, 1632

Das "Evermarus-Kapellchen" mit dem Gedächtnis der Toten

Am Eingang des Dorfes, an der Gedächtnisstätte für die Opfer der Weltkriege hat 1999 die Evermarus-Bruderschaft ein kleines Evermarus-Kapellchen errichtet. Auf dem Altar steht eine Evermarus-Figur, in den Fenstern sieht man das Evermarus-Kapellchen in Rutten bei Tongeren und der Märtyrerbischof Lambertus von Maastricht.

Denkmäler außerhalb der Evermarus-Kirche

Auf der Rückseite der Apsis steht die Figur einer Schutzmantelmadonna eines Rheinberger Bildhauers, der diese während der Zeit des Nationalsozialismus schuf. Sie hat einen deutlichen Bezug zu den Erwerbsquellen, aus denen die Borther Bevökerung ihren Lebensunterhalt bezieht, dem Salzbergbau, dem Handwerk und der Landwirtschaft.
Bis zum vorigen Jahrhundert befand sich um die Kirche herum der Friedhof (Kirchhof). Bis auf die Gräber der Borther Pfarrer Johann Heinrich Bühren (1828 -1866) und Heinrich Nothen (1866 -1902) sind alle Grabstätten eingeebnet.

Und wer war der Heilige Evermarus?

Die Geschichte des hl. Evermarus, des Märtyrers und des Patrons der Kirche in Borth, dessen Fest am 1. Mai gefeiert wird." Auszüge aus einem handgeschriebenen Buch

Es war in der Zeit des fränkischen Hausmeiers Pipin. Pipin war der Sohn des Herzogs Ansiginus und von dessen Frau Begga. In dieser Zeit wurde Evermarus als Sohn einer sehr vornehmen Familie in
Friesland geboren. Von früher Jugend an hatte sich Evermarus Gott geweiht. Der allmächtige Gott durchdrang ihn ganz mit seiner Gnade. Mit dem Lebensalter wuchs bei Evermarus die Tugend. Durch gute Taten wurde er ein Abbild der Heiligkeit. Satan, der alte Feind, war voller Mißgunst. Mit vielen Lockungen versuchte er den Evermarus von seinem Streben nach Gottgefälligem abzubringen oder ihn vom guten Weg wegzuführen. Der tapfere Soldat Christi verschloß aber seine Ohren, alle Machenschaften Satans ließ er zunichte gehen.

Mit Gottes Hilfe hatte Evermarus alle Versuchungen überwunden, dennoch fürchtete er, vor Gott
für unvollkommen gehalten zu werden. So unternahm er um Gottes Willen eine Pilgerfahrt, vielleicht auch in der Absicht, irgendwo unbekannt ein Martyrium auf sich nehmen zu können. Auf dieser Pilgerfahrt kam er nach Galizien in Spanien zu den Stätten des hl. Jakobus. Er ging in dessen Kirche, er
wollte die Hilfe dieses Apostels erbitten. Danach kehrte er nach Niedergallien zurück. Heilige, die kurz zuvor aus dieser Welt geschieden waren, erfreuten sich dort durch Wunder großer Berühmtheit, so Forillionus, ein Märtyrer, so die Brüder Tursacus und Uktanus, auch der Bischof Remaklus, der ehrwürdige Bekenner Trado und die gottgeweihte Jungfrau Gertrud. Evermarus erflehte deren Hilfe, besichtigte deren heilige Orte. Es war eine sehr fromme Wallfahrt.
Evermarus wollte auch noch in Maastricht zum heiligen Servatius. Mit sieben Gefährten gelangte er
zum Anfang eines großen Waldes, an eine Stelle, welche Rutten heißt. Hier wollte der Pilger sich nicht von der Nacht überraschen lassen. Er wollte nicht in den Fährnissen im unbekannten Gelände des tiefen Waldes umherirren. So lenkte er seine Schritte zum nächsten Dorf; dieses Dorf hieß Herstabel.
Ein gewisser Hacco beherrschte dieses Dorf; er hatte eine Bande um sich gesammelt. Mit barbarischer Grausamkeit tötete er die Leute, die durch den Wald zogen; zumindest raubte er sie aus. Dieser Hacco hatte für sich an der Maas ein zweites Gebäude errichtet. Nach seinem Namen hatte er es Haccobetum" genannt. Von diesem Stützpunkt aus lauerte er über Tag den Vorüberziehenden auf und raubte Schiffe aus. Zu Haccos eigentlichem Wohnhaus begab sich Evermarus. Er wußte natürlich nicht, wer der Besitzer des Hauses war. Hacco hatte eine fromme Gattin, die um die Pilger besorgt war. Sie nahm den heiligen Mann und seine Gefährten freundlich auf. Sie warnte ihre Gäste, sie sollten sich vor Sonnenaufgang auf den Weg begeben, damit ihr Gatte sie nicht überrasche und töte. Nach herzlichem Dank an die Frau, die so treu besorgt gewesen war, zogen die Pilger am frühesten Morgen weiter und kehrten in den Wald zurück, den sie bei Einbruch der Dunkelheit verlassen hatten. Inzwischen war Hacco, der in Haccobetum einen großen Teil des Tages und die folgende Nacht verbracht hatte, heimgekehrt. Er hörte von seinen Leuten von den Fremdlingen. Natürlich hatte sein Gesinde die Fremdlinge bemerkt und natürlich gab es in dem Gesinde solche, die alles dem Herrn berichteten. In seiner ganzen Wildheit geriet Hacco außer sich. Er fragte die Berichterstatter, wohin denn jene entwichen seien. Er schrie: "Wir wollen sie sofort verfolgen, damit sie, meinen Händen entflohen, nicht sagen können, die hätten einen lässig gewordenen Hacco ungestraft, ja unerkannt verlassen." Mit der Bande drang er in den Wald ein. Über Stock und Stein erreichte er den Evermarus und dessen Gefährten, denn plötzlich stieß er auf die Stelle, wo jene zu ruhen versuchten. Sie wollten nämlich den Schlaf nachholen, den sie in der vergangenen Nacht so spärlich gehabt hatten. Als Hacco sie sah, fuhr er sie barsch an, sie hätten es gewagt, in sein Herrschaftsgebiet einzudringen, sie hätten den Wegezoll nicht entrichtet, der allen Vorüberziehenden auferlegt sei. Wie Diebe hätten sie sich heimlich aus dem Staub gemacht. Das sei, so schrie er, ein solches Verbrechen gegen ihn, daß es nur durch den Tod gesühnt werden könne. Nach diesen wütenden Worten brachte der grausame Mensch den Evermarus um. Der schien durch sein Aussehen unter den übrigen hervorzuragen. Dann wurden auch die Gefährten getötet. Engel bewachten viele Jahre hindurch den Ort dieser Greueltat. Nun sprachen wir zu Beginn der Geschichte von dem Fürsten Pipin. Der kam nun zu dieser Stelle. Er war auf der Jagd in dem Wald bei Rutten. Mit seinen Begleitern gelangte er an den Ort, wo die Leichen lagen. Von Mitleid wurden Pipin und seine Gefährten erfaßt, als sie die Wunden sahen und auch das Blut, mit dem die Leichen bedeckt waren. Die Bestattung wurde angeordnet. Der selige Evermarus fiel besonders auf. Seine Leiche wirkte würdiger als die der anderen. Bei der Bestattung wurde er mit einem schöneren Grab geehrt. Ein Langschild wurde über seinen Leichnam gelegt, ein anderer darunter. In späterer Zeit stand der Bischof Heraclius an der Spitze der Kirche von Lüttich, zu der auch die Gegend gehörte, welche den Namen des inzwischen gerodeten Waldes trug. In Rutten gab es eine Kirche des heiligen Martin, deren Pfarrer Suselinus war. Gott aber machte durch seinen Engel Leben und Namen des heiligen Evermarus bekannt. Zugleich gab er dem Suselinus Kunde von dem Martyrium und von dem Ort, wo jener bestattet war. Suselinus sollte nun auch den Bischof in Gottes Namen dorthin führen. Auch den Leichnam des seligen Evermarus sollte man aus dem Schoß der Erde erheben, da ja seine Seele seit dem Moment der Ermordung im Himmel weilte. Der Priester hat aber in eben diesem Jahr, obwohl er über die Vision tief nachdachte, dem Bischof keine Meldung erstattet. Genau ein Jahr später suchte der Engel ihn wieder auf. Er machte dem Suselinus Vorwürfe, weil er seinen Befehlen nicht gefolgt war. Aber Suselinus verschwieg weiterhin die ganze Sache. Im dritten Jahr aber wurde Suselinus in der gleichen Nacht nicht nur getadelt, sondern von dem Engel ausgespeitscht. Da endlich schenkte er der Vision Glauben. Suselinus ging zum Bischof und legte ihm alles der Reihe nach dar. Als Beweis für die Richtigkeit dessen, was er gesagt hatte, zeigte er dem Bischof die Spuren der Schläge, die er erlitten hatte. Der Bischof gab ihm den Auftrag, den heiligen Leichnam auszugraben. Als das geschehen war, hob der Bischof den Leichnam selbst aus dem Grab. Von dort strömte nun ein so süßer Duft aus, dass alle Anwesenden glaubten, im Paradies zu sein. Darauf übertrug der Bischof, gemeinsam mit einer großen Volksschar, jenen Leichnam in die Kirche des heiligen Martinus. So verschaffte der Bischof dem Volke und jener Gegend einen Beschützer. Von jener Zeit an sind so große Wunder berichtet worden, daß diese Wunder ein gewaltiges Buch füllten, wollte man sie aufschreiben. In dem alten Borther Kirchenbuch folgt nun eine genaue Reihe von Berichten über Wunder, die am Grabe des hl. Evermarus in Rutten geschehen sind.

Pastor Witthoff, der die Evermarus-Geschichte aus einem handgeschriebenen Band abschrieb, wollte aus dieser Vorlage natürlich auch die Wunderberichte abschreiben. Aber die Vorlage war hier anscheinend so schwer lesbar, daß er das Unterfangen mit den Worten aufgab: "Von hier an kann man in dem uralten Heft nichts mehr entziffern."
Niederschrift: Pastor Witthoff (ab 1758 in Borth) Übersetzung: Dr. Hofmann

Die bekannten Pfarrer von Borth

1296                erster Pfarrer in Borth
1336                Vikar Riquinus in Borth
1480 - 1515     Johannes Adolphus de Bercka
Vikare:             Gerhardus Velthuiss, Amelongus Moer
? - 1556           Burchardus Holtwerd
1580 - 1603     Hermannus Spaer
1604 - 1612     Andreas Tindhoff
1613 - 1622     Johannes Werlig
1622 - 1643     Johannes Pauli
1643 - 1662     Wilhelm Molinaeus
1662 - 1692     Johannes Bomman
1692 - 1713     Heinrich Knibber
1713                 Adamus Simonis OP
1713 - 1721     Johannes Broccarts
1721 - 1739     Heinrich Mengius
1739 - 1758     Gerhardt Bendt
1758 - 1791     Johann Adolf Witthoff
1791 - 1828     Johann Adam Josef Andreas Schilden
ab 1824:          Johann Heinrich Bühren; Vikar in Borth
1828 - 1866     Johann Heinrich Bühren
1866 - 1902     Heinrich Nothen
1902 - 1914     Anton Bleß
1914 - 1925     Karl Kalscheur
1924 - 1925     Kaplan Lambertz
1925 - 1954     Peter Wilden
1927 - 1953     Kaplan Pallast (+ 15.9.54)
1954 - 1963     Arnold Paessens
1963 - 1964     Theodor Greiwing  + 17.2.1984
1964 - 1997     Hans Hüneborn  +16.4.2003
1997 - 2016     Thomas Burg
ab 2017           Martin Ahls